„Geschlechterkampf? Was für ein Unsinn!“ Interview mit Männer-Therapeut Björn Süfke

Wir haben Björn Süfke auf der Fachtagung Väternetzwerk NRW getroffen. Er war als Experte auf dem Podium zum Thema „Partnerschaftliche Aushandlungsprozesse in Zeiten von neuen Vereinbarkeitsstrategien und neuen Familienformen“. Hört sich technisch an, oder? So war es auch. Inmitten der Experten stach Süfke heraus. Sein Sprachwitz und seine pointierten Aussagen führten zu ekstatischen Gelächter – was bei dieser Audience eine Leistung war. Uns war sofort klar, dass wir sprechen sollten.

Björn Süfke ist Diplom-Psychologe, Autor und er arbeitet als Psychotherapeut mit Männern aller Altersstufen. Sein neues Buch „Papa, du hast ja Haare auf der Glatze!: Aus dem Alltag eines Vaters“ (*Partnerlink) ist gerade frisch auf dem Markt und eine absolute Leseempfehlung. Insgesamt ein guter Mann also! Weitere Informationen findet ihr unter www.maenner-therapie.de.


Herr Süfke, wir gehen ja hier alle ganz gern zum Fußball. Treffen dort Leute, trinken Bier, rauchen, essen eine Stadionwurst und fachsimpeln über das Spiel. Ist das männlich?

Naja, „männlich“ ist, einen Penis zu haben und einen relativ ausgeprägten Bartwuchs. Was Sie beschreiben, ist in der Tat aber noch immer recht „männertypisch“, es ist weiterhin ein vor allem von Männern betriebenes Freizeitvergnügen, da es eben vor allem wir Männer sind, die das Glück hatten , schon frühkindlich an die wunderbaren Themen „Fußball“ und „Stadionbesuch“ herangeführt zu werden. Grundsätzlich muss uns aber weniger interessieren, was denn nun „männlich“ oder „weiblich“ ist, sondern vielmehr die Frage, was den Männern (und genauso natürlich den Frauen) verboten, versagt, aberzogen wird zu sein und zu tun – was also angeblich „unmännlich“ ist. Unser gesellschaftliches Arbeitsfeld sieht meines Erachtens in erster Linie so aus, diese Beschränkungen aufzuheben, nicht Geschlechterarchetypen zu identifizieren.

Im Stadion werden ja auch Typen, denen man das Möhrenbrei-Rittertum ansieht, mitunter zu ansehnlichen Hatern. Ist das männlich?

Ihr Begriff „ansehnliche Hater“ ist natürlich angesichts der Ereignisse in Dortmund [Dortmunder Hools attackierten RB Leipzig Fans in Dortmund, d. Verfasser] etwas problematisch und sollte auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es natürlich ein sehr, sehr geringer (wenn auch exponentiell zu hoher) Prozentsatz von Männern ist, die im und ums Stadion hasserfüllt und gewalttätig agieren. Auch bezweifele ich, dass von denen sehr viele zuhause liebevolle und aktive Väter sind. Aber Sie spielen ja vermutlich auch eher auf den „gemeinen Stadionpöbler“ an, wie ihn das Magazin „11 Freunde“ mal betitelt hat: Nun, ich persönlich bin eher nicht so der impulsive Typ und zudem als St. Pauli-Fan sozialisiert worden, sodass ich gewohnheitsmäßig wenig davon halte, die gegnerische und vor allem die eigene Mannschaft zu beschimpfen oder auszubuhen. Ich sehe aber auch, dass dies eine effektive und gesellschaftlich angebotene Möglichkeit ist, eigene Gefühle von Ärger, Trauer oder Hilflosigkeit (ebenso wie mit anderen Verhaltensweisen Liebe, Freude und Solidarität) zum Ausdruck zu bringen. Und ja, als Psychotherapeut kann ich mir durchaus noch selbstreflektiertere und hilfreichere Möglichkeiten des Umgangs mit diesen Männern gerne abgesprochenen Gefühlen vorstellen – aber ich habe auch schon deutlich dysfunktionalere Arten gesehen!

Übrigens muss ich zugestehen, dass ich neulich im Stadion derart felsenfest davon überzeugt war, vom Schiedsrichter fundamental benachteiligt zu werden, dass ich dieser Gewissheit auch deutlich lautstärker Ausdruck verlieh als mein 9-jähriger Sohn es eigentlich von mir gewohnt ist. Beim gemeinsamen Anschauen der Sportschau musste ich dann konstatieren, dass der Schiri alles hervorragend gesehen und entschieden hatte. So lange man in solchen Situationen einen angemessenen Zugang zum eigenen Gefühl von Scham hat und sich auch entsprechend entschuldigen kann (also, beim Sohn, meine ich, den Schiri selber hat mein Gepöbel wahrscheinlich nie erreicht), bricht man sich auch als Möhrenbrei-Ritter keinen Zacken aus der … äh … Lanze.

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Was ist denn das ultimative Abenteuer der Männlichkeit?

Tja, nun hatte ich nach Ihrer Anspielung an mein altes Vatergeschichtenbuch „Die Ritter des Möhrenbreis“ (*Partnerlink) in Ihrer letzten Frage tatsächlich für einen Moment geglaubt, Sie hätten es gelesen… Haben Sie aber offensichtlich nicht, denn dort steht es ja ganz explizit in der gleichnamigen Geschichte: Das ultimative Abenteuer der Männlichkeit ist schlicht, Vater zu sein – und sein(e) Kinde(r) auch aktiv zu betreuen – oder spezifischer: Mit dem einjährigen Nachwuchs eine knappe Woche allein zuhause zu sein. Dagegen, seien wir ehrlich, waren doch alle Prüfungen des Lebens, alle Partnerschaften, alles Bungee-Gejumpe, alle beruflichen Aufgaben reiner Pipifax! Natürlich nicht von der tatsächlichen Schwierigkeit, aber von der Herausforderung her! Von der Verantwortung her! Der Angst! Einfach herrlich! Ehrlich, ich verstehe Bergsteiger und Skydiver nicht: Warum sich mit dem zweitbesten Kick zufriedengeben?

Was sind denn die Hotspots, die ihr psychologischer Reiseführer in die Männerseele empfiehlt? Wo ist der Aufenthalt am schönsten?

Wo es am schönsten ist, interessiert mich nicht; ich habe doch kein Kosmetikstudio oder so eine Wellness-Oase… Mich interessiert, was wahr ist – in meiner Seele und in der meines Klienten, also das Schöne und das Gute genauso wie das Dreckige und das Zerbrechliche. Wenn ich ganz ehrlich bin, ist das Dreckige meist sogar einen Tick spannender. Die interessantesten Orte wären also vielleicht die Höhlen von Schweinehund, Lustmolch und Angsthase. Allerdings ist das Gute und das Schöne meist sehr hilfreich, gut mit diesen Höhlenbewohnern umzugehen, etwa sie nicht ausrotten oder vertreiben zu wollen, sondern eher eine Zweck-WG zu gründen.

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Wie erleben Sie die Genderdebatte?

Puh, wie viele Zeilen hat Ihr Blog? Wieviele Terrabyte das Internet? Da kann ich Ihnen nur Brocken hinwerfen:
1) Das Glas ist maximal ein Zehntel voll. Aber: Vor gerade mal einer Generation hat noch nicht einmal irgendjemand überhaupt einen Drink bestellt!
2) Das Interesse an den Männern (zur Erinnerung: Hälfte der Menschheit!; haben auch ein Geschlecht!; ohne Männer kein Gender, keine Debatte, kein Nix!) wird immer stärker. Aber: Meist sind wir nur in unseren Rollenfunktionen von Interesse, also dort, wo wir etwas leisten sollen, wo wir aktiv, engagiert, vereinbarend, was auch immer sein sollen. Als Menschen sind wir noch nicht so von Interesse.
3) Die Genderdebatte ist weitgehend noch von einer Vorstellung von Geschlechterkampf erfüllt: Männer gegen Frauen, Frauen gegen Männer, „Was gut ist für Frauen, ist schlecht für Männer!“ und andersherum – dieser ganze verdammte Unsinn! Wir haben noch nicht wirklich verstanden, dass das Geschlechterverhältnis eine win-win-Situation ist – oder eben eine lose-lose-Situation.

Anders gefragt, halten Sie es aus psychologischer Sicht verwerflich, wenn man Mädchen verbietet mit „typischen“ Jungsspielzeugen, wie Autos und andersrum Jungs mit Puppen spielen zu lassen?

Selbstverständlich finde ich das verwerflich! Nicht nur aus psychologischer, sondern aus moralischer Sicht. Welchen vernünftigen Grund sollte es geben, jeweils der Hälfte der Menschheit den einen Teil des Lebens, der Welt, des Spielzeugladens zu verwehren? Stellen Sie doch mal die gleiche Frage in etwas veränderter Form: Wäre es verwerflich, wenn von heute an alle Asiaten Zugang zu Bildung bekämen und alle Nicht-Asiaten keinen? Wäre es verwerflich, wenn weltweit allen Weißen, Linkshändern und Homosexuellen das Ingenieur-Studium verwehrt würde und allen nicht-weißen, heterosexuellen Rechtshändern das Pädagogik-Studium? OK, Donald Trump würde Sie vielleicht liken, aber ansonsten: Viel Spaß mit dem Shitstorm!

Jetzt muss ich Ihnen dazu aber noch meine Lieblings-Anekdote erzählen, weil gerade gestern passiert: Bei uns zuhause werden Geschlechterstereotype nicht so ganz unkommentiert gelassen, wie Sie sich vielleicht vorstellen können. Wenn etwa ein Besuchskind beim gemeinsamen Malen mit meinen Töchtern von „Jungsfarben“ und „Mädchenfarben“ spricht, fordere ich gerne meine Töchter auf, den „Jungsstift“ mal in die Hand zu nehmen und zu versuchen, damit zu malen. Klappt natürlich, sehr zur Freude meiner Töchter – weniger zu der des Besuchskindes. Gestern nun erzählt mir meine ältere Tochter, dass sie ihren Klassenkameraden Paul gefragt hätte, ob es „Jungsfarben“ und „Mädchenfarben“ gäbe. „Und was hat er gesagt?“, frage ich. „Er hat gesagt: ‚Na klar: Grün und Blau und Schwarz und Dunkelrot, das sind Jungsfarben!‘“ „Und was hast Du geantwortet?“, frage ich. „Ich habe ihn gefragt, wieso dann Blau und Dunkelrot meine Lieblingsfarben sind?“ „Und was hat Paul dann gesagt?“ „Nix“, sagt meine Tochter, grinst und geht wieder malen. Wäre das nicht wunderbar, wenn sich die nächste Generation nicht nur die Hälfte des Lebens nicht nehmen lässt, sondern sogar schon über diese Geschlechterstereotype lustig machen kann? OK, ein bisschen klugscheißerisch war das natürlich von meiner Tochter, ist ja kein Wunder bei dem Vater, aber ich war jedenfalls sehr stolz.

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Sie haben gesagt: Es gibt nirgends so viel Konsens zwischen Männer und Frauen, wie in der Annahme, dass Männer keine guten Erzieher sind. Was meinen Sie damit?

Damit meine ich gar nichts, ich zitiere nur Umfrageergebnisse, die zeigen, dass beispielsweise knapp 40 Prozent der Mütter und sogar ein paar Prozent mehr Väter der Meinung sind, dass Väter einem Kind schlechter ein Buch vorlesen können als Mütter oder weniger geeignet sind, mit ihm zum Arzt zu gehen. Ich will damit nur deutlich machen, dass es erschreckend viele Frauen gibt, die uns Männern er- und beziehungstechnisch nicht viel zutrauen – aber eben auch genauso viele Männer, die der Meinung sind, dass sie es in dieser Hinsicht nicht bringen. Das ist also kein Kampfthema zwischen Männern und Frauen, sondern eine geschlechterübergreifende stereotype Einigkeit, dass der Vater von der grundlegenden Kompetenz her die Erziehungsperson zweiten Ranges ist. Von daher gilt meines Erachtens: Neue Väter braucht das Land, ja, aber auch neue Mütter!

Sie selbst haben schon längst emotional präsente Väter gefordert. Von den neuen „aktiven Vätern“ erwartet man mehr. Zeit zum Beispiel.

Richtig – und das zu Recht: Erziehung und Beziehung brauchen eben vor allem Zeit. Und nicht nur „quality time“, sondern auch „quantity time“!

Davon abgesehen muss ich aber schon wieder spitzfindig an Ihrer Fragestellung herummäkeln: Entscheidend ist aus meiner Sicht zunächst einmal nicht, was von uns Vätern erwartet wird. Sondern was wir selber uns wünschen! Wie wollen wir selber, ganz persönlich, unser Leben, unsere Vaterschaft gestalten? Erst wenn ich mir individuell darüber im Klaren bin, kann ich doch mit meiner Partnerin, meinem Chef, wem auch immer auf wirklicher Augenhöhe verhandeln – und mich dann natürlich auch damit auseinandersetzen, was von mir erwartet wird. Wenn ich aber von vorneherein wieder einzig und allein nur darauf achte, was von mir erwartet wird, dann wandelt sich vielleicht ein Stück der Inhalt meiner Rolle; strukturell bleibt aber alles beim Alten, nämlich dass ich eben – mehr oder minder motiviert – eine Rolle erfülle.

Das Väterbild in Medien, Werbung, Unternehmen und Gesellschaft zeigt häufig den tollpatschigen Spaß-Vater mit Mut zur erzieherischen Lücke. Sie werden sogar gelobt, wenn sie das Kind richtig rum tragen. Wer sollten das größte Interesse haben, dieses Bild zu ändern?

Schön, dass Sie dieses Phänomen ansprechen! Aus meiner Sicht ist diese Lächerlichmachung des Vaters einer der größten Hemmschuhe für die notwendige Väteremanzipation und damit die ganze positive Ausbalancierung der Geschlechterverhältnisse. Insofern haben natürlich wir Väter ein Interesse daran, dass sich dieses Bild ändert, wenn wir auch nur halbwegs Wert darauf legen, bei der vielleicht wichtigsten Aufgabe unseres Lebens als Ansprechpartner auf Augenhöhe behandelt zu werden. Vor allem hat aber die ganze Gesellschaft, muss auch jede emanzipierte Frau ein Interesse daran haben, dass Väter als Erziehungspersonen ernst genommen werden – denn jedes Fernhalten von Männern aus der einen Hälfte des Lebens ist automatisch auch immer ein Fernhalten der Frauen aus der anderen Hälfte. Witze über Väter sind strukturell verwandt etwa mit dem gender pay difference: Beides hält Männer aus der Erziehungsarbeit raus – und damit immer auch Frauen aus männerdominierten Erwerbstätigkeiten. Last but not least ist es so eine verdammte Verschwendung: Was bitte macht denn mehr Spaß als etwas wirklich Bedeutsames gemeinschaftlich mit jemandem zusammen zu tun, der genauso kompetent ist wie mal selbst?

In eigener Sache: Jannis Blogbeitrag „Laserschwerter statt Fantasie – Das Männerbild in der Werbung“ befasst sich eingehend mit diesem Thema. 

Lieber Björn, vielen Dank für das Gespräch!

PapaDoc

Der Autor Thomas "PapaDoc" Guntermann ist gleichzeitig der Namensgeber unserer Kommunikationsagentur, in der wir eigentlich alle zusammenarbeiten. Er gehört zum Gründungsteam dieses Blogs, ist Stammautor und lebt mit seiner Frau und Sohn im beschaulichen Kölner Vorort Hürth (Buuuh).

5 Antworten

  1. Tolles Interview. Am Anfang musste ich schmunzeln …. meinem Mann würde ich was anderes erzählen, wenn er sich einen Bart wachsen lasse würde (gefällt ihm ein Glück auch nicht) 🙂

    Tja….Jungs- und Mädchenfarben das ist immer so ein Thema … meine Tochter ist zwei Jahre jung und hat die Lieblingsfarbe ROT und mein Sohn ist fünf und mag GELB. Mal schauen wie die Kids das später sehen.

  2. Echt tolles Interview! Sehr aufschlussreich und so angenehm ohne erhobenen Zeigefinger. Der Herr Psychologe hat damit auch gleich ein weiteres Exemplar seines Buchs verkauft 😉

  3. Jochen sagt:

    Danke für das spannende Interview.

    Ich würde an ein paar Stellen widersprechen, an manchen Stellen finde ich Süfkes Analyse sehr verkürzt. Das Geschlechterverhältnis im Kontext der Aufteilung von Familienarbeit einfach als win-win bzw. lose-lose-Situation zu bezeichnen hat mit der Realität, in der die Lasten klar aufgeteilt sind, nicht viel zu tun.

    Und dass beispielsweise Mütter Vätern nicht viel zutrauen, hat ja auch Gründe bzw. liegt vor allem daran, wie die Mehrheit der Väter ihre Rolle interpretieren.

    Naja, ich hab übrigens auch ein Buch von Björn Süfke auf meinem Blog rezensiert und war ziemlich enttäsucht: http://jochenkoenig.net/2016/11/04/maenner-erfindet-euch-neu-rezension/

  4. mitm sagt:

    Ich hätte da eine Frage an den Psychologen (auch wenn es ggf. eher eine soziologische Frage ist), und zwar zur

    „… Frage, was den Männern (und genauso natürlich den Frauen) verboten, versagt, aberzogen wird zu sein und zu tun – was also angeblich ‚unmännlich‘ ist.“

    Gesetzlich verboten ist den Frauen der Stadionbesuch ja keineswegs und den Männern auch nicht stundenlanges Shoppen und Klamottenanprobieren.

    Statistisch ungleiche Interessen der Geschlechter führen natürlich dazu, daß daraus deskriptive Stereotype werden, also empirisch korrekte Beschreibungen geschlechtsstypischen Verhaltens. Die können ggf. einen sozialen Druck entfalten, sich der Mehrheit anzupassen, werden also potentiell zu normativen Stereotypen. Hier fängt dann üblicherweise eine Henne-und-Ei-Debatte an, ob nicht alle Stereotype einen normativen Ursprung haben (mMn nicht).

    So oder so wird dann (bevorzugt von radikalen Feministinnen) allen Stereotypen der Kampf angesagt. Bei biologisch begründeten Unterschieden (z.B. Kraft) ist mMn das aussichtslos, diese Stereotype sind unausrottbar.

    Bei den Farben im Malkasten ist eine Zuordnung offenbar beliebig, ich wundere mich eher, wie solche Stereotype überhaupt entstehen, obwohl seit Jahrzehnten alle dagegen sind. So, jetzt kommt die eigentliche Frage: Sind Stereotype nicht unvermeidlich?

    Nach meinem Eindruck suchen Kinder und auch Erwachsene regelrecht nach Verhaltensmustern, die typisch für das eigene Geschlecht sind, weil sie sich damit ihrer eigenen Geschlechtszugehörigkeit vergewissern und in fortgeschrittenem Alter ihre sexuelle Attraktivität verbessern, sozusagen als tertiäre Geschlechtsmerkmale. Welche Verhalten das sind, ist dabei völlig beliebig. Beispielsweise war rosa früher eine jungentypische Farbe, sie wurde bewußt von Feministinnen „gekapert“, um Geschlechterunterschiede einzuebnen, das hat aber nur zu einem Rollentausch geführt.

    Wenn diese Theorie stimmt, dann sind Stereotype generell unausrottbar. Wenn man eines mit Mühe unterdrückt hat, entsteht eben an anderer Stelle ein irgendein neues. Man hat aber immer welche.

    Wenn man das so sieht, dann stellt sich die Frage nach der Beseitigung von Stereotypen anders: Man wird höchstens solche beseitigen wollen, die tatsächlich irgendwie schädlich sind und die anderen eher augenzwinkernd akzeptieren. Jungen- bzw. Mädchenfarben regen mich z.B. nicht besonders auf, unrealistische Schlankheitsideale können dagegen zu einer lebensgefährlichen Magersucht werden. Oder Mutproben, die mit Knochenbrüchen enden.

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