Farbenleere

Farbenleere

Meine Tochter ist für mich nicht nur das süßeste, liebenswerteste, sondern natürlich auch das schlauste Kind der Welt. Umso erstaunter war ich, als ich neulich bemerkte, dass sie mit ihren 25 Monaten jedes Feuerwehrauto zielsicher mit der Farbe „rot“ belegt. Und die Sonne. Und jeden Baum. Und das Wasser. Drei Stunden später waren genau die gleichen Dinge offensichtlich umlackiert worden – denn nun war angeblich alles blau.

Aufgeregt bis euphorisch war ein neues pädagogisches Projekt in mir geboren: Ich werde meinem Kind die Farben lehren! Sofort! Es wird ja höchste Zeit, denn ansonsten benennt sie ja auch schon ziemlich alles in ihrer Umwelt zielsicher und genau. Stolz berichtete ich meiner Frau von meinem kühnen Plan. Doch da hatte der Hobby-Phonologe die Rechnung ohne die Profi-Logopädin im Haus gemacht: Was ich erntete, war nicht viel mehr als ein herzhaftes Lachen und den Hinweis, dass das Kind das doch noch gar nicht können müsse.

Ich vertraue meiner Frau in solchen Dingen (und allen anderen), aber meine Neugier war geweckt: Ist das wirklich so schwierig, ein paar Farben zu benennen? Und wann sollte das Kind das denn intus haben?

Da ich in der Vorhölle der Mütter-Communities zwar gesehen habe, dass auch viele andere Eltern die Farben-Frage umtreibt, im Netz aber auf Anhieb keine einzige ordentliche Quelle zum Thema zu finden war, habe ich mir die Sache mit den Farben von Dr. Klaus Rodens, Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, erklären lassen.

Herr Dr. Rodens berichtet aus seiner Erfahrung als niedergelassener Kinder- und Jugendarzt, dass Kinder zur U8, also im Alter von vier Jahren, in der Regel die Grundfarben aktiv benennen können. Manchen Kindern gelinge das aber auch schon deutlich früher, etwas im Alter von zwei Jahren. Wenn aber bei der U9 (bis spätestens 5,5 Jahre) die Grundfarben noch nicht unterschieden werden könnten, liege der Verdacht nahe, dass eine Farbsehstörung vorliegt, der nachgegangen werden muss. Am häufigsten (5%), und durch die Vererbung über das X-Chromosom fast nur bei Jungen, trete die Rot-Grün-Schwäche auf.

Ich habe das pädagogische Projekt daher von Farben erst einmal auf Formen umgestellt. Und das mit Erfolg: Ein Geißbock auf einem Kreis (eine bei uns sehr häufig anzutreffende geometrische Konstellation) wird bereits zielsicher mit „1. FC Kölleee!“ benannt. Geht doch!

 

Lempi

Der Autor Thomas "Lempi" Lemken ist Papa von zwei Töchtern. Das bedeutet: Als einziger von uns lebt er mit gleich drei Frauen unter einem Dach. Neben seiner Funktion als Leithammel, ist er Gründungsmitglied, Stammautor und Lektor unseres Blogs.

2 Antworten

  1. Anonymous sagt:

    Der Pädagoge in mir sagt: Wenn deine Tochter von selbst Farben benennt (und das tut sie ja), dann ist sie auch bereit Farben zu lernen. Meine Kinder haben es mit unter zwei bzw. zweieinhalbjahren durch ständiges nach der Farbe fragen und solche „xxx ist rot“-Sätze wie deine Tochter praktisch selbst beigebracht. Berichtige Sie doch, wenn sie Farben falsch benennt, bestärke sie, wenn es richtig ist, dann wird sie es in null Komma nix lernen. Wenn sie zu einem Schwein „Hund“ sagen würde, würdest du ihr doch auch helfen und nicht nur verwundert daneben stehen. Warum warten, wo sie sich doch offensichtlich dafür interessiert?
    Und generell können halbwegs intelligente (gesunde) Kinder die Dinge (gerade die im Bereich Kognition), die in den U’s gefordert werden meist DEUTLICH früher. Schau dir mal an, was im Bereich Sprache gefordert wird…gruselig.

    • Lempi sagt:

      Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich hätte den Beitrag einfach noch etwas früher schreiben sollen, denn genau seit diesem Tag geht es rapide vorwärts in Sachen „Farbenlehre“ 😉

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