Vereinbarkeit: Väter zwischen Wunsch und Wirklichkeit?

Forsa_Eltern

 

Die Zeitschrift ELTERN hat zusammen mit Forsa eine große Umfrage gestartet, um mehr über die deutschen Väter im Jahr 2014 zu erfahren. Die ELTERN-Redaktion kommt zu dem Schluss, dass wir Väter uns in einer großen Widersprüchlichkeit bewegen: Angeblich schwanken wir „zwischen dem traditionellen Rollenbild als Ernährer der Familie und dem Idealbild des perfekten Vaters“. Woher sie das wissen? Na, ganz einfach:

Auf die Frage: Was macht einen guten Vater aus? antworten 81 Prozent: „Er verbringt so viel Zeit wie möglich mit den Kindern.“ Aber gleichzeitig kreuzen 61 Prozent an: „Er sorgt mit seinem Einkommen dafür, dass es der Familie gut geht.

Nennt mich betriebsblind, aber wo ist denn da der Widerspruch? So viel Zeit „wie möglich“, das ist eben die Zeit, die neben den anderen Dingen des Lebens – wie zum Beispiel Arbeit – noch übrig bleibt.

Doch die ELTERN-Redakteure suchen weitere Widersprüche in unserem väterlichen Dasein – also finden sie die auch:

Das sind die Widersprüche der berufstätigen Väter von heute: 43 Prozent von ihnen hätten gern mehr Zeit für die Familie (…) – und trotzdem ist die Mehrheit nicht bereit, in Teilzeit zu arbeiten.

Mal abgesehen davon, dass das ziemlich irreführend ausgedrückt ist – von den befragten Männern arbeiten ganze vier Prozent in Teilzeit und gerade mal ein Drittel würde das laut eigener Angabe gerne machen – bedeutet das im Umkehrschluss: Deutlich mehr als die Hälfte der Väter ist zufrieden mit der Zeit, die sie für die Familie hat – und das obwohl die „sozial erwünschte Antwort“ doch sicherlich die ist, mehr zuhause sein zu wollen. ELTERN analysiert weiter:

15 Prozent haben sogar das Gefühl, weder im Beruf noch in der Familie allen gerecht zu werden“

Heißt auch: 85 Prozent von uns scheinen ganz gut klar zu kommen. Aber so funktioniert Journalismus: Die Normalität ist zu langweilig, um zur Nachricht zu werden.

Die Umfrage zeigt: Die meisten Väter sind nicht bereit, in Teilzeit zu gehen und auch in Sachen Elternzeit werden von 80 Prozent der Väter nur die „üblichen“ zwei Monate genommen. Vätern macht es also offensichtlich Spaß, sich in der Familie zu engagieren – sie wollen dafür aber keine Abstriche im Job machen. Das kann man schlecht finden. Das kann man okay finden. Aber ich sehe beim besten Willen keine bedauernswerten Männer, die ob des modernen Vaterbilds zwischen „Wunsch und Wirklichkeit“ gefangen sind, sondern eher eine gehörige Portion Egoismus auf unserer Seite – wir wollen alles, Verzicht gehört nicht zu unseren Stärken. Das wird erst recht deutlich, wenn man das Ergebnis einer anderen Studie neben die aktuelle Umfrage legt. Ihr Ergebnis: Arbeiten gehen ist weniger aufreibend als Kinderbetreuung.

Lempi

Der Autor Thomas "Lempi" Lemken ist Papa von zwei Töchtern. Das bedeutet: Als einziger von uns lebt er mit gleich drei Frauen unter einem Dach. Neben seiner Funktion als Leithammel, ist er Gründungsmitglied, Stammautor und Lektor unseres Blogs.

14 Antworten

  1. ich finde den artikel noch viel widersprüchlicher als die studie. „Wir Väter wollen alles, nur keinen Verzicht“ – wenn der artikel ernst gemeint ist, ist gleichberechtigt für das kind zu sorgen kein teil von „alles“ und „verzicht“ meint ausschließlich den verzicht auf geld/einkommen/arbeit. verzicht auf relevante menge an zeit mit dem kind scheint damit nicht gemeint zu sein.

  2. Renate sagt:

    Ihr trefft es wie immer auf den Punkt. Ich als Mama könnte mir nicht vorstellen, mit meinem Mann zu tauschen. Dafür ist mein Mama-Gefühl viel zu stark. Zumindest für unsere Situation hat die Natur das sehr gut geregelt.
    Ich möchte nicht mehr als Teilzeit arbeiten, um die übrige Zeit mit meiner Tochter zu verbringen. Mal ganz davon abgesehen, dass oft die Männer besser verdienen als die Frauen, was dann auch zu finanziellen Einbußen führen würde.
    „So viel Zeit wie möglich“ verbringt auch bei uns der Papa mit der Kleinen und wir sind damit alle zufrieden. Und auch er hat die besagten 2 Monate Elternzeit genommen. Wir passen also sehr gut in die Ergebnisse, aber nicht unbedingt in die daraus resultierenden Interpretationen.
    Ich gebe euch völlig Recht und finde den Artikel wie auch euren Blog super!

  3. Annika sagt:

    Super Beitrag

  4. Uli sagt:

    Das mit dem „wollen“ ist ja immer so eine Sache, oft genug verdient Mann für den gleichen Job halt immer noch deutlich mehr als eine Frau. Also geht Mann Vollzeit arbeiten um die Miete zu bezahlen, während die Frau in Teilzeit geht. Genauso wie man nicht monatelang in Elternzeit geht, weil der Verdienstausfall nicht zu stemmen ist. Da heißt es dann Männer wären nicht bereit die Karriere zu gefährden, haben die Redakteure sich mal den Wohnungsmarkt in München angesehen?

    Für mich verläuft die Kluft nicht zwischen Karriere und Familie sondern eher zwischen malochen gehen und dabei den Lebensstandard halten oder mehr Zeit mit der Familie verbringen und dafür finanziell auf einiges verzichten. Und da bin ich tatsächlich auf der Besitzstandswahrer Seite, der nicht auf’s platte Land ziehen will, weil man die Miete in der Stadt nicht mehr zahlen kann.

    • Lempi sagt:

      Absolut richtig! Dabei spielt es sicherlich auch eine große Rolle, dass es immer noch so eine große Ungleichheit gibt, was den Verdienst von Frauen und Mänenrn angeht.
      Den Wunsch, seinen Lebensstandard auch mit Kind zu halten, finde ich auf jeden Fall auch weder verwunderlich noch verwerflich.

  5. Johnny sagt:

    Schön und pointiert dagegen gehalten!
    Vielen Dank auch für den Link zum Fazit. Kannte ich noch gar nicht.

    LG, Johnny

  6. Lauschvater sagt:

    Wir armen Väter! So ein Bockmist. Danke für den Beitrag.

  7. Karsten sagt:

    Ja.. dann kann ich es ja zugeben: Ich finde Arbeiten tatsächlich weniger anstrengend als stundenlanges Tanzen mit meiner Tochter! Sie ist mein ein und alles, aber ich bin wirklich froh, dass meine Frau sich in der Woche mehr um sie kümmert. Allerdings arbeitet sie regelmässig die Wochenenden durch, da dreht sich alles um: Ich kümmere mich dann größtenteils ums Kind. Und das ist wirklich, wirklich kräftezehrend.. sorry to say.

    • Lempi sagt:

      Das geht mir ganz genauso wie dir, Karsten. Ich liebe es, mit meiner Tochter zu spielen, zu lesen und Sachen zu unternehmen. Aber ich bin auch froh, wenn ich dann wieder zur Arbeit „darf“. Ich glaube, der entscheidende Punkt ist , dass ich im Büro tatsächlich selbsbestimmter und freier in meiner Zeiteinteilung und -verwendung bin als zuhause.

  8. Guter Beitrag – und richtige Schlußfolgerung.

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