Eskalation der Prävention: Ich rüste auf!

KontrollzentrumEs gibt Momente, in denen man sich eingesteht, dass man die Welt als Vater konsequenter betrachtet als früher. In mir tauchen Gedanken auf, von deren Existenz ich allenfalls mal etwas gehört hatte. Die Schlussfolgerungen, die ich daraus ziehe, sind erschreckend. Erschreckend plausibel, befürchte ich.

Dieser Moment war einer der ersten sonnigen Sonntagnachmittage, die das Rheinland 2015 so zu bieten hatte. Wir schoben den Herrn von Bödefeld in Richtung unseres Standard-Rundwegs, als neben uns ein Vollhonk mit Tempo 70 durch die 30er-Zone drosch. Als ich das sah, war ich sofort auf 180. Ich meine, hier an der Straße steht ein Tempo 30 Schild, da steht ein „Achtet auf unsere Kinder“ – Schild, da sind zudem zwei klassische Rechts-vor-links-Kreuzungen angelegt, die allesamt zum Tempodrosseln einladen. UND WAS MACHEN DIESE GEHIRNAMPUTIERTEN VOLLIDIOTEN?

Ich kochte innerlich. Ich meine, der Herr von Bödefeld krabbelt noch, aber schon jetzt plagen mich dunkle Gedanken. Ich male mir dann aus, dass ihm hier etwas zustoßen könnte und in diesen Momenten könnte ich den Rasern hinterherlaufen, um mit ihren Köpfen die Motorhaben zu verschönern.

Auf dieses mentale Minenfeld trifft dann die wunderbare Warenwelt der Kinderüberwachung, also ich meine „Vorsichtsmaßnahmen“. Ich fühle den Helikopter in mir aufsteigen. Wenn ich morgens den aufgeweckten Nachbarjungen auf seinem Bike in Richtung Gymnasium radeln sehe, dann frage ich mich allen ernstes, ob ich das jemals werde zulassen können. Viel zu gefährlich. Es müsste Bodyguards für Kinder geben, aber dann wären die Schulklassen wohl zu voll.

In den lichten Momenten, also dann, wenn ich mir die diversen Warenkörbe der Online-Kaufhäuser mit etwas innerer Distanz (gesundem Menschenverstand) ansehe, dann fühle ich mich wieder etwas besser. Der Lempi sagt ja immer „1984“. Erst dachte ich, er hält die Technik für veraltet. Erst später verstand ich, dass er George Orwell meint und mein Konzept der Präventions-Aufrüstung zur Überwachung des eigenen Nachwuchses ganz grundsätzlich in Frage stellt. So wegen Freiheit und diesem romantischen Quatsch. Machen wir uns nichts vor.

Wurden Gefahren jemals durch Nichtstun gebannt? Nein!

Müssen wir also aufrüsten und ziemlich viel technischen Schnickschnack in diverse Online-Shop-Warenkörbe legen? Ja!!!!!!!!!

Die Kunst ist, dies strategisch sinnvoll und dem jeweiligen Alter angemessen zu tun. Und alles, was technisch möglich ist, sollte auch gekauft werden. (Das ist zumindest meine Meinung. Darum gibt es diese Dinge ja.)

Aus Gründen der Übersichtlichkeit habe ich drei Eskalationsstufen der Prävention definiert.

Eskalationsstufe 1: Pipi-Kram
Darunter fallen Dinge, mit denen man Fort Knox sichern kann. Also Steckdosensicherungen, Eckenschützer, Türstopper und ein W-LAN gestütztes Baby-NSA mit Infrarotkamera (weltklassemäßig, überzeugend und auch recht teuer).

Eskalationsstufe 2: Bessere Fußfesseln
Eine Kinder-Laufleine ist harmlos und ich empfinde keinerlei moralischen Skrupel, mein Kind an die Leine zu legen. Ich meine, ganze Ehen funktionieren so. Es gibt Prinzipien, an denen muss man nicht rütteln.

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Kinder-Handy: Süß wie Zucker, effizient wie ein Doppel-Null-Agent. Bild: Hersteller

Dem Kind ein Handy in die Hand drücken, um es dann im Gegenzug damit permament überwachen zu können. Also das gleiche, was der BND mit unseren Handys macht. Ein klassischer Hardware-Trojaner. Der funktioniert bei Kids und Erwachsenen beängstigend einfach – schlicht und effektiv. Eine Überwachungswaffe, zumindest so lange bis der Nachwuchs das Ding irgendwo verliert und das geht wahrscheinlich sehr, sehr, sehr, sehr schnell.

Einen Schritt weiter geht ein App-gestützter Standortübermittlungs-Knipser. Er ist kleiner und von daher einfacher zu verstauen. Verloren geht er sicher auch, aber man kann ja immer wieder neue im Online-Shop nachordern.

GPS-Sender für Hunde, Katzen – oder halt Kinder: ist etwas sicherer, da man den Sender irgendwie direkt an den Kindern befestigen kann. Für mich das überzeugendste Tool.

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Auf Knopfdruck eilen lila Kobolde zur Hilfe – oder so. Bild: Hersteller.

Unterarten dieser Kategorie funktionieren prinzipiell gleich, wenden die Technologie aber unterschiedlich an: das Kind via Handy-Dienst überwachen, das Kind mit Smartphone-App ausrüsten, um es dann orten zu können oder den Kids eine Black-Box unterjubeln.

Eskalationsstufe 3: Besser als Fußfesseln
Eine halbwegs brauchbare Drohne ist das ultimative Überwachungstool für Helikopter-Daddys. Es liegt auf der Hand: Ganze Kriege werden inzwischen so geführt. Im Kids-Business ist das die geniale Verbindung aus Playse zocken und etwas Sinnvolles tun: Kinderluftüberwachung!

Was ich vermisse, sind Produkte, die man Kindern implantieren kann. Ich meine, geht es effizienter? Sie verlieren nichts mehr, man zieht morgens einmal den Scanner über den kleinen Unterarm und koppelt den Sensor mit Papas iPhone 9s. Genial!

Eins ist sicher: Die Zukunft wird sicherer. Ganz sicher.

 

 

PapaDoc

Der Autor Thomas "PapaDoc" Guntermann ist gleichzeitig der Namensgeber unserer Kommunikationsagentur, in der wir eigentlich alle zusammenarbeiten. Er gehört zum Gründungsteam dieses Blogs, ist Stammautor und lebt mit seiner Frau und Sohn im beschaulichen Kölner Vorort Hürth (Buuuh).

7 Antworten

  1. Sven sagt:

    tja, das mit den Dronen sehe ich auch kritisch. In der Luft sind wir Eltern als Helikopter ja schon unterwegs.
    Aber automatisch ausfahrende Nagelbretter in 30er und Spielstraßen halte ich für gut. Vielleicht sollten wir da mal krautfandn

  2. Stefan sagt:

    Hmm, man stelle sich mal die Luft-Kollisionen vor, wenn sich am Boden mehrere Lily-Dronen-überwachte Kinder an einer Stelle treffen … ;-)) Dann werden die Eltern-Stellvertreter-Kämpfe also künftig (auch physikalisch) ÜBER den Köpfen der Kinder ausgetragen …

    • Nella sagt:

      Hallo 🙂
      Ich lach leise in mich hinein, da gibt es doch diesen Witz, „Soll der Mann spülen, erfindet er eine Spülmaschine“ Erst einmal an Technik denken – Tja, ich hab gut reden, unsere sind groß, wie haben wir das nur geschafft – ich weiß es manchmal auch nicht 🙂 weiter so … LG Nella

  1. 18. Mai 2015

    […] Eskalation der Prävention: Ich rüste auf! Papadoc rüstet auf – gegen Raser und alles andere, was seinen Kindern schaden könnte. […]

  2. 16. Juni 2015

    […] Neulich schrieb PapaDoc ja über die Gefahren der Kindheit und wie er dagegen aufrüsten will. Wir sind alle mit ihm, aber die Heimatstadt des glorreichen 1. FC Köln hält noch Gefahren bereit, gegen die auch keine Drohne hilft. […]

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