Dr. Babyvater – oder: wie ich lernte, die Bombe zu lieben

Neulich schrieb PapaDoc ja über die Gefahren der Kindheit und wie er dagegen aufrüsten will. Wir sind alle mit ihm, aber die Heimatstadt des glorreichen 1. FC Köln hält noch Gefahren bereit, gegen die auch keine Drohne hilft.

Neulich waren wir zum Mittagessen (Maaaahlzeit!) in einem Restaurant am Kölner Ring, um Pizza zu essen. Die Bestellung war raus, das Brot stand auf dem Tisch, die Stimmung stimmte. Dann klingelte mein Handy. Mein erster Reflex: Wenn es meine Frau ist, gehe ich nicht ran. War sie aber nicht, es war schlimmer. Es war die Kita. Mitten am Tag.

Das kann nur schlimmeres bedeuten und mir stockte vor Schreck der Atem. Verletzungen, Brüche, Schlägereien…das vormittägliche Leben meiner Tochter lief wie ein Film vor meinem geistig verwirrten Auge ab.

Es kam objektiv schlimmer: Bombendrohung. Gleich zwei wurden gefunden. Kita-Kinder, Anwohner, Kranke – 3.000 Menschen mussten aus der Gefahrenzone raus, fast wie beim Schlussverkauf (die Älteren unter Euch werden sich erinnern). Im Umkreis von 400 Metern wurden die Gebäude evakuiert und einige Straßen gesperrt bis die Bomben keine Gefahr mehr für Leib und Seele darstellten. Rein zufällig liegt unsere Wohnung genau in diesem Dunstkreis. Also konnten wir nicht einmal nach Hause gehen und chillen.

Nun muss man wissen, dass Dinge wie diese in Städten wie unserer häufiger als anderswo vorkommen. Wenn irgendwo gegraben wird, stürzen Stadtarchive ein, findet man die Knochen eines Römers oder anglo-amerikanische Fliegerbomben aus dem II. Weltkrieg.

Aber so nah war das noch nie. Ich lebte quasi auf diesem Blindgänger, was meine Kollegen zu einen mehr oder minder unqualifizierten Scherz animierte. Wir waren uns einig, dass man eine Pizza besser nicht kalt werden lässt. Also aß ich erstmal das gute Stück ohne zu kauen auf. So viel Zeit musste sein! Als ich auf meinen Drahtesel sprang, erwartete ich Szenen, wie damals auf der Titanic: Kreischende Kinder, aufgeregte Erzieher und Hundertschaften, die das Gebiet nach lebenden Überresten durchkämmten. Kurz gesagt: The Walking Dead im Kölner Süden. Was sich mir bot, war weitaus unspektakulärer. Es spielten nicht die Höhner, niemand schrie, niemand lief durcheinander und die paar versprengten Polizisten hielten Small Talk op Kölsch.

An der Kita angekommen, saßen die Kids am Eingangsbereich und spielten. Die Erzieherinnen schienen glücklich, weil sie endlich aus der daily routine ausbrechen konnten. Es war wie in einer Wellness Oase, nur ohne freischwingende Extremitäten. Statt panischen Eltern stand ein Team des WDR rum und interviewte gefasste Anwohner. Ich konnte sogar ohne Erklärungen in meine Wohnung und noch ein paar Sachen einpacken. Kurz schoss mir der Gedanke in den Kopf, was ich am meisten vermissen würde, wenn alles einstürzen sollte. Was hatte ich schon zu verlieren, außer allem, was ich besitze? Es fielen mir nur meine Bilder ein. Sie wären alle unwiderruflich weg.

Wir sind dann runter zur Altstadt, Eis essen. Man sagte uns, das mit der Fernzündung könne dauern, ich solle mir mal lieber einen Schlafplatz besorgen. Also radelten wir durch die Gegend während ich das Doppelbett mit Rheinblick bei meinen Eltern organisierte. Um kurz nach 18.00 Uhr gab es die Entwarnung. Die Blindgänger waren entschärft. Der Sportplatz, unter dem sie lagen war ruiniert und wir durften wieder nach Hause. Adé Schlafplatz am Rhein. Goodbye englische Fliegerbombe!

Diese Schlussfolgerungen habe ich daraus gezogen

  1. Meine Bilder müssen in die Cloud

 

LeJeck

Der Autor Janni "Babyvater" Orfanidis gehört zu unserem Stammpersonal und ist einer der Gründer von "Ich Bin Dein Vater". Der gebürtige Kölner ist Ehemann, Kommunikationsberater und Vater von zwei Kindern (2011|2016). Aber ansonsten geht es ihm eigentlich ganz gut.

Eine Antwort

  1. Marina sagt:

    Also nach dem ganzen Stress und der Aufregung hätte ich wenigstens die eine Nacht im Doppelbettzimmer mit Rheinblick verbracht 😉

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