So eine Scheiße! – Expertenmeinung über das Trocken werden

Meine Frau und ich hatten vor drei Baby/Kind-Herausforderungen größten Respekt:

Entschnullerrisierung
Die Angst davor war unbegründet. Mehr Schein als Sein. Den Schnulli hat unsere Kleine von alleine in den Müll geschmissen, weil Sie wie eine Ballerina aussehen möchte. Und die haben bekanntlich keine Schnullis, sondern rosarote Tütüs. Mit letzteren können wir mittlerweile unsere Wohnung tapezieren.

Arztbesuche
Arztbesuche sind immer etwas Besonderes. Es ist immer wieder ein Spektakel, wie die kleine rosa-rote Ballerina zu einem blau-weißem William Wallace-Verschnitt mutiert und lauthals FRAAAAAAAIIIHAAAAIIIIT schreit! Die Kinderärztin macht da traditionell sehr große Augen. Ich glaube, dass Sie mehr Respekt vor unserem Braveheart hat als umgekehrt. Aber man kann es auch positiv ausdrücken: Unsere Ärztin betont stets, dass sie sehr „willensstark“ sei. Was „Dodo“ wirklich sagen will, können wir uns denken…

Kind trocken bekommen. Operation: „Enduring Cleaness“
Das ist eine etwas längere Geschichte und sie hält bis zum heutigen Tage an.

Die Erzieherin aus der Kita hat uns vor etwa einem Monat auf die Idee gebracht. Sie schlug vor, es langsam angehen zu lassen. Also zogen wir an einem Strang und starteten das Projekt „Enduring Cleanness“. Genug Einweghandschuhe hatten wir ja. Der Wickeltisch wurde mit einer großen Portion Demut abgebaut und die Teppiche auf eine fest definierte Quadratmeterzahl begrenzt. Die Folie auf der Couch haben wir weggelassen. Ich liebe das Risiko!

In 15 Minuten-Intervallen fragten und fragen wir sie bis heute: „Naaahaaa??? Musst Du mal? Du sagst Bescheid, wenn Du musst, jaaaa??“ Erschreckend schnell reagierte Sie darauf. Hose runter, ab auf die Toilette, Pippi, saubermachen, fertig. Leider ist es nicht immer so unproblematisch. Es gibt auch Tage, in denen unsere Operation Rückschritte macht. Bis heute.

„Nach einer Woche müsste das Kind doch trocken sein, oder?“, wurde mir gesteckt. Das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Andererseits machte ich mir schon Gedanken und war kurz davor die Operation abzublasen. Da ich nicht zur Ruhe kam, kontaktierte ich eine Expertin. Prof. Dr. Daniela Schultz-Lampel, Direktorin des Kontinenzzentrums Südwest, nahm mir die Bedenken und half mir die Scheißsituation zu überwinden. Interessant ist auch, dass immer Väter aktiv werden und sich bei den inneren Belangen unserer Kinder aktiv einmischen. Das ganze Interview findet Ihr hier:

Prof. Dr. med. Daniela Schultz-Lampel

Prof. Dr. med.
Daniela Schultz-Lampel

Wann ist der Zeitpunkt gekommen, um das Kind trocken zu bekommen?
In der Regel werden die Kinder zwischen dem 3.-5. Lebensjahr trocken. Wenn es keine zusätzlichen Störungen wie Harnwegsinfekte, Einnässen auch am Tag und Verstopfung gibt, sollte man sich vor dem 5. Lebensjahr aber keine Sorgen machen, wenn die Kinder nachts noch einnässen. Sollten aber sog. Tagsymptome und Stuhlprobleme auftreten, muss evtl. auch schon mit drei oder vier Jahren nachgeschaut werden woher das kommt.

Warum haben manche Kleinkinder Probleme mit dem großen Geschäft? 
Die chronische Verstopfung – oft kombiniert mit Stuhlschmieren oder auch Einkoten – ist wirklich ein großes Problem. Das kommt meist infolge zu strenger oder auch zu laxer Sauberkeitserziehung (oder auch aus falscher Scham oder Vermeidung des Toilettengangs auf öffentlichen Toiletten) oder falscher Ernährung (zu viel Milch, zu wenig Wasser, zu wenig Ballaststoffe) und leider oft auch zu wenig Bewegung.

Von Bekannten habe ich gehört, dass Kinder eine Woche brauchen und dann müssten sie trocken sein. Ist da was dran? Und gibt es überhaupt eine Faustregel?
Da gibt es keine Faustregel. Bei manchen geht es quasi über Nacht andere brauchen Monate und manchmal gibt es auch über Jahre noch „Rückfälle“. Da darf man sich und den Kindern überhaupt keine Zeitdruck machen!!!

Können Kinder auch von alleine trocken werden oder muss man als Elternteil nachhelfen?
Viel Kinder werden von alleine trocken und sagen irgendwann den Eltern sie wollen keine Windel mehr und dann klappt es auch.

Sie beraten unter anderem auch Eltern in Ihrem Zentrum. Jetzt mal Hand aufs Herz: Wer sucht häufiger Ihren Rat auf? Mütter der Väter?
In den letzten 5-6 Jahren haben wir festgestellt, dass zunehmend auch Väter mit ihren Kindern zur Abklärung des Einnässens kommen – das war früher wirklich den Müttern vorbehalten.
Ich denke, dass immer noch die Hälfte der Kinder mit ihren Müttern kommen, aber ca 30 % kommen mit den Vätern und 20 % kommen mit beiden Elternteilen.

LeJeck

Der Autor Janni "Babyvater" Orfanidis gehört zu unserem Stammpersonal und ist einer der Gründer von "Ich Bin Dein Vater". Der gebürtige Kölner ist Ehemann, Kommunikationsberater und Vater von zwei Kindern (2011|2016). Aber ansonsten geht es ihm eigentlich ganz gut.

4 Antworten

  1. Carolin sagt:

    Bin leicht entsetzt über das Alter, was hier als Beginn der Sauberkeitserziehung angesetzt wird. In unserem Kindergarten waren die Kleinen durch die Bank weg noch keine zwei Jahre alt als sie tagsüber keine Windel mehr brauchten. Nachts ist klar wieder ein anderes Thema.

  2. Yummy Mummy sagt:

    Ich habe bei meiner zweiten Tochter das „Toilet Training“(wie sie es an ihrem internationalen Kindergarten so schön nennen) gezwungenermaßen aus der Hand gegeben und dann eine positive Überraschung erlebt.
    Kurz vor dem 3. Geburtstag des Zwerges rief mich nämlich die Erzieherin an und teilte mir mit, das Kind doch bitte ab morgen ohne Windel zu brngen, da man rechtzeitig mit dem Training beginnen möchte, denn alle Kinder sollten in der Gruppe bis zum 3. Geburtstag weitgehend „sauber“ sein. Große Empörung meinerseits! Und auch die schlimmsten Befürchtungen! Weigerte sich das Kind doch schon wochenlang, die Windel wegzulassen und sabotierte damit sämtlche Bemühungen meinerseits, „spielerisch“ an das Thema heranzugehen. Meine Befürchtung war also, dass sich meine Tochter einige Male in der Gruppe einnässen würde und dann aus Scham noch mehr blockiert.
    Die große Überraschung folgte dann: Im Kindergarten ging sie ab dem ersten Tag des „Experiments“ ganz selbstverständlich auf die Toilette.
    Warum sie sich zu Hause so lange weigerte, und es dann im Kindergarten ausgerechnet von den einen auf den nächsten Tag wunderbar klappte, wird wohl ewig ihr Geheimnis bleiben.
    Aber es hat mich mal wieder eines gelehrt: Das ich nicht immer weiss, was das „Beste“ für mein Kind ist und es mich immer wieder überraschen kann.

  3. Karsten sagt:

    Joa.. das kann ich so bestätigen. 2 Wochen vor Kindergartenbeginn sagte die Tochter, dass sie keine Windel mehr möchte. Seitdem hat sie nie wieder eine getragen. Es kommt zwar tatsächlich vor, dass sie sich mal nachts einnässt, aber 98 % der Zeit geht alles gut.

    Mich verunsichert es aber tatsächlich, dass sie nur alle 2 Tage mal ein großes Geschäft erledigt. ^^

  1. 20. November 2014

    […] Jungs von ‘Ich bin dein Vater’ haben sich dem wichtigen Thema ‘trocken werden’ befasst, ein für wohl alle Eltern wichtiges Thema. Auf ihrem Blog gibt es ein Interview mit Prof. […]

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