Warum ich meine Tochter zum Fußball schicke

vater-tochter-fussball-beziehungTreue Leser dieses Blogs wissen bereits, dass meine Tochter seit dem zweiten Lebensjahr Ballett tanzt. Nichts gegen Ballett, aber nur zu gern möchte ich meine Tochter in Teamsportarten sehen. Laufen, fallen, in den Matsch rutschen – das wäre doch ein tolles Kontrastprogramm zum üblichen Pas de deux. Darum geht es in diesem Text. Angefangen hatte alles mit der Aufführung des Pjotr Iljitsch Tschaikowskis-Klassikers Schwanensee in der Mailänder Scala. Das YouTube-Video hat uns beide mit offenen Mündern hinterlassen. Ja, auch ich war fasziniert angesichts der grazilen Bewegungen von Svetlana Zakharova. Da wusste ich noch nicht, dass die russische Primaballerina ein ausgewiesenes Putin-Fangirl ist. Knapp drei Monate wollte meine Kleine nichts außer diese Aufführung (Link findet ihr unten im Text) sehen. Obwohl ich das Klischee Tochter = Ballett komisch finde, habe ich mich daran gewöhnt. Dennoch, da muss doch noch mehr sein…

Akt 1: Kick it like Beckham – die Zeit ist reif!

Unsere lieben Nachbarn haben einen Sohn, der in die gleiche Kita-Gruppe geht. Der Sohn, nennen wir ihn mal Wladimir, ist begeisterter *Klischee AN* Fußball-Fan *Klischee AUS*. Eines Morgens vor unserem Spint in der Kita wurde ich angesprochen, ob Babytochter Lust hätte, am Ballsport im benachbarten Volksgarten teilzunehmen. Auch wenn ich, wie immer morgens, total durch war, erkannte ich das Potenzial. Jetzt hing es ganz an meiner Tochter. Mit Bällen hat sie es nicht so. Egal, ob ich ihr den Ball zukicke, -werfe, -köpfe oder auch nur in die Hand lege; ihr Blick erinnert mich an die Gesichter unserer Nationalspieler nach dem verlorenen Halbfinalspiel gegen Frankreich – totale Leere!

„Na, hast du Lust?“, fragte ich sie leicht devot und sie antwortete mit einem lauten JAAA! Kein Wunder, Wladimir ist auch ein sehr charmanter kleiner Bursche. Obwohl er ein Jahr älter und in der Gruppe eher mit den anderen Boys als mit meiner Tochter unterwegs ist, sind sie doch ein gutes Gespann. Also haben wir uns zu einem Schnupperkurs angemeldet. Ein paar Bodychecks, ein wenig Rennen und ein beherztes Zutreten hat noch keinem geschadet. Endlich mal was für mich.

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Akt 2: Blumen vs. Bälle

Gleich beim ersten Treffen fehlte Wladimir. Magen. Was sonst! Nun standen wir da: 10 ausgewachsene Jung Boys im grätschfähigen Alter und mittendrin meine Tochter mit ihren rosa Schuhen und Bling Bling-Applikationen. Einen Fußball konnte ich auch nicht sehen. Da gab es nur so riesige Gummi- und kleine Tennisbälle. Regeln? Mannschaftstaktische Aufstellungen? Nada! Die Kids kamen mir vor, wie ein Dutzend sich abstoßende Magneten in einer 0-11-0 Formation. Bereits nach fünf Minuten wahllos durcheinander laufenden Individuen gönnte sich meine Kleine eine Pause vom Trubel und pflückte Blumen. Was süß klingt, sah auch so aus. Eigentlich wollte ich ja Attacken Oliver Kahnschen Ausmaßes von ihr sehen, ein wenig Härte und chirurgische Passgenauigkeit. Stattdessen bekam meine Frau einen Strauß voller Gänseblümchen. Auch schön.

Akt 3: Wladimir is back – es läuft!

Als Wladimir endlich dabei war, ging es ab! Die zwei waren unzertrennlich. Obwohl sie in der Kita kaum etwas gemeinsam machen, waren sie auf dem Grün, das die Welt bedeutet, ein Team. 45 Minuten rennen und lachen – immer wieder stelle ich mit Bewunderung fest, wie viel Kraft in unseren Kindern steckt. Nach dem Kurs sagte Wladimir, dass er nur mit meiner Tochter zum Kurs will. Ein sehr schöner Moment! Jetzt freut sich mein Mädchen jedes Mal auf das wöchentliche Gekicke.

Ob Ballsport, Fußball, Tennis oder Schach – eigentlich ist es egal, was sie weiter verfolgen wird. Ich fände es nur gut, wenn sie sich für mehrere Dinge interessiert als NUR Ballett. Daher fördere ich alles, was sie auch nur Ansatzweise interessiert. Von mir aus kann sie Gewichtheberin werden – beim Pas de deux müsste dann sie die Führung übernehmen.

Wie versprochen: Unsere Lieblingsaufführung vom Schwanensee:

LeJeck

Der Autor Janni "Babyvater" Orfanidis gehört zu unserem Stammpersonal und ist einer der Gründer von "Ich Bin Dein Vater". Der gebürtige Kölner ist Ehemann, Kommunikationsberater und Vater von zwei Kindern (2011|2016). Aber ansonsten geht es ihm eigentlich ganz gut.

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