Papa alleinerziehend zu Haus

Ein Vater muss seinen Mann stehen. Sein Wort hat Gewicht. Er ist eine echte Autorität. So sieht er sich gerne. Auch ich. Schade, dass wir immer eines Besseren belehrt werden.

Letztes Wochenende war so ein Moment der Selbsterkenntnis. Der Sommer naht und somit auch die Hochzeiten und die damit verbundenen Junggesellenabschiede. Meine Frau und ihre „Mädels“ hatte es nach Berlin verschlagen. 2 Tage, 1 Nacht. Ich freute mich darauf mit meiner dreieinhalbjährigen Tochter das Wochenende alleine zu verbringen. Die Pläne lagen auf dem Tisch und meine Kleine wurde täglich auf das Papa-Kind-Erlebnis vorbereitet. Die Zeit war sehr überschaubar; 48 Std. sind ja keine Herausforderung und vergehen schnell. Insofern hatte ich kein Problem mit der Situation. Im Gegenteil: Meine Frau sollte es mal wieder richtig krachen lassen!

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Wie bei „Kevin allein zu Haus“ hatte jedoch auch ich Spielverderber am Start. Bereits vor Abreise meiner Frau häuften sich die Anrufe meiner Verwandten: Ich wurde zum Essen eingeladen, meine Eltern wollten ihren Wochenendtrip in den Rheingau verschieben, meine Schwester lud mich zu ihr nach Hause ein, meine Schwiegermutter wollte, dass ich die Kleine zum Schlafen zu ihr bringe, usw. Anfangs dachte ich wie nett doch alle zu mir sind (→ wie naiv). In Wirklichkeit ging es aber nicht um mein Befinden, sondern um das Überleben meiner Tochter.

Ich machte deutlich, dass ich mich auf die Zeit mit Kind freue und wir bereits andere Pläne haben. Was folgte waren Sekunden der Stille. Stille, die mehr sagte als 1.000 Worte. Dieser Verwandten-Subkontext machte mir deutlich, dass man mir wohl nicht so richtig zutraut auf das Kind aufzupassen. Die „Bist du sicher“-Attitude tat ihr Übriges. Kurz darauf erfolgte die erste WhatsApp-Kontrollmitteilung meiner Frau. Es dürfte auf Höhe Wuppertal gewesen sein. Also 25 Minuten nach Abfahrt aus Köln.

Tag 1 begann somit mit einem kleinen Geschmäckle…

Der Tag war vollgespickt mit Highlights: Schwimmen, bei meiner Schwester essen (ich konnte mir den frischen Lachs doch nicht entgehen lassen ;)), Stadtbummel und Eis essen. Wir waren so gut drauf, dass selbst die lapidare Bemerkung einer guten Bekannten auf der Straße, ob ich denn klar kommen würde mit der Kleinen, kaum störte. Ich glaube, dass meine Frau diese Frage noch nie gestellt bekommen hat. Und das völlig zu Recht! Aber egal. Abends sind wir zusammen auf dem Sofa völlig groggy eingepennt. Es war ein toller Tag!

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Schoko, Schoko und Schoko und was nimmt sie? Richtig: Himbeere.

 

Tag 2: Zwischen Dreck und Zugverkehr

Um 9:30 haben wir das Haus verlassen und um 19 Uhr sind wir wieder angekommen. Auf dem Programm stand ein Antrittsbesuch bei meinem Cousin und seinem frischgebackenem Baby. Da sich diese Ecke meine Verwandtschaft nicht täglich sieht, habe ich Babytochter ganz schick gemacht: Weiße Strumpfhose, goldweißer Rock und einen mit mathematischer Präzision ausgerichteten Zopf. Nach dem Besuch ging es in den Park. Keine gute Idee. Denn kaum angekommen, fing es an zu pissen. Schlamm in Kombination mit weißen Klamotten ist eine tödliche Verbindung. Lesson learned! Nachmittags ging es zum ehrwürdigen Kölner Hauptbahnhof Frau Muttter abholen. Meine banale Erkenntnis: Züge üben auf Kinder eine unglaubliche Anziehungskraft aus. Zumindest wenn man nicht am Bahnsteig versauert, weil „Gleisarbeiten“ die Abfahrt verzögern.

Kurz vor Einfahrt des Zuges befürchtete ich noch eine mütterliche Ansage wegen des Dresses formally known as „Outfit“. Meine Frau war aber glücklicherweise zu verkatert um zu realisieren, dass die gute weiße Strumpfhose nun braun war. Ganz zu schweigen von der Rotz-Kruste um den Nasenbereich. Die blaue Lippe meiner Tochter blieb ebenfalls unbemerkt.

Alkohol ist dein Fallschirm und dein Rettungsboot. (Herbert Grönemeyer)

Warmes Essen gab es nicht. Die Mütze war auch nicht auf dem Kindskopf festgetackert. Und der Sand aus den Haaren ist jetzt in der ganzen Wohnung verteilt. Ich glaube wir hatten gerade deswegen Spaß. Vielleicht gibt es bald eine Fortsetzung a la „Papa alleierziehend in New York“. Ich würde mich jedenfalls freuen! Und selbst dann dürfen die Spielverderber nicht fehlen. Was ist schon ein guter Film ohne einen Gegenpart? Wie sonst können sich Helden beweisen?

 

 

LeJeck

Der Autor Janni "Babyvater" Orfanidis gehört zu unserem Stammpersonal und ist einer der Gründer von "Ich Bin Dein Vater". Der gebürtige Kölner ist Ehemann, Kommunikationsberater und Vater von zwei Kindern (2011|2016). Aber ansonsten geht es ihm eigentlich ganz gut.

8 Antworten

  1. Troubadix sagt:

    Ich bin seit sechs Jahren – seitdem mein Sohn drei ist – alleinerziehender Vater. Die abschätzigen Kommentare, Belehrungen, Weisheiten und praktischen Diskriminierungen, die ich im Laufe der Jahre erlebt habe sind nicht mehr an zehn Händen abzuzählen. Weibliche Alleinerziehende erfahren diese in der gleichen Menge, nur häufig in anderer Art und Weise. Den Aufwand für Organisation und Administration sowie Haushalt, den ich leisten muss, habe ich im Berufsleben bei weitem nicht.
    Wenn ich dann lese, dass ein Elternteil, der zwei Tage allein mit seinem Kind verbringt, es sich anmaßt sich als „alleinerziehend“ zu titulieren – egal wie augenzwinkernd luschtig das gemeint ist – empfinde ich das als Beleidigung einer / eines jeden Alleinerziehenden.
    Und da Sie ja noch die Zeit haben eine solche Banalität textlich niederzulegen und sich erlauben sich selbst als Alleinerziehenden einzuordnen, maße ich es mir an mir die Zeit nehmen und Sie einzuordnen: als verwöhnten, erwachsenen Mann, der keine Ahnung hat, wie privilegiert es ihm in seiner Elternrolle geht, wenn er sich eine solche leichtfertige Anmaßung erlaubt.
    Es ist nicht meine Absicht Sie zu beleidigen, aber ich empfinde Ihren obigen Text als plump, unreflektiert, wertlos und beleidigend.
    (Ich nehme eh an, dass Sie diesen Kommentar nicht zulassen und darauf entgegnen werden. Also nicht Ihren Mann stehen, wie sie in der Einleitung verkünden… aber ich hoffe ich kann Sie vielleicht dazu anregen in Zukunft besser zu reflektieren bevor Sie einen Text verfassen).

    • Babyvater sagt:

      Vielen Dank für ihren Kommentar. Ich werde hier nicht so weit gehen, mich für meine Ehe und mein Familienglück zu entschuldigen. Ja, ich bin privilegiert, das ist mir bewusst und das feiere ich jeden Tag aufs Neue. Ich bin glücklich und weiß das zu schätzen. Einer Rechtfertigung meinerseits bedarf es nicht.

      Respekt vor Ihren väterlichen Leistungen, wenn ich ein psychoanalytisches Gutachten brauche, komme ich auf Sie zu. Ach, das geht ja gar nicht. Sie sind ja anonym unterwegs.

      Besten Gruß, Babyvater

  2. Alex Röpnack sagt:

    Genial geschrieben! *lach*

    Und herzlichen Glückwunsch, dass du das mit deiner Tochter 48 Stunden allein hinbekommen hast! 😉
    Ganz ehrlich: Ich kenne einige Väter, die das tatsächlich NICHT hinbekommen hätten. Aber der Fairnesshalber: Ich kenne auch einie Mütter, die damit überfordert wären. 😀

    Viel Spaß bei eurem nächsten Papa-Wochenende, das deine Kleine sicher in vollen Zügen genießt. Papas sehen halt vieles lockerer als Mamas und sind damit pauschal viel weniger nervig (z.B. beim Rotznase putzen). *grins*

    LG Alex
    (alleinerziehende Mama – wobei der Kindsvater auch prima allein mit seiner Tochter klar kommt)

  3. robehode sagt:

    Meine kleine war gerade erst 11 Monate da hab ich die Mama (samt meiner mutter u schwester) für eine Woche fortgeschickt u es war eine der besten wochen meines Lebens. Man kann nicht früh genug mit sowas beginnen.

  4. Saskia Epler sagt:

    Hahaha … ich amüsiere mich gerade königlich 🙂

    Mein Mann kennt die ängstlich-besorgten Fragen ebenfalls – wobei, die bekomme eher ich gestellt:

    „Du bist ein Wochenende weg? Ja, kann dein Mann das denn mit den Kindern? Alleine?“
    Meine Standard-Antwort:
    „Ja sicher kann er das, sonst hätte ich wohl kaum vier mit ihm bekommen.“
    oder
    „Klar, kann er das. Er ist ein erwachsener Mensch. Und wäre er jemand, dem ich so etwas nicht zutrauen würde, dann hätte ich ihn gar nicht erst geheiratet.“

    Viel Spaß bei allen weiteren mama-freien Tagen! 🙂

    Liebe Grüße 🙂

  5. Henrik Wild via Facebook sagt:

    Hab sehr gelacht! 🙂

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