Familienhotels als No Go Area?

Ich gebe zu, dass ich Familienhotels lange als die Altenheime unter den Urlaubsdomizilen abgestempelt habe. Das sind Orte, dachte ich mir, an denen die Galerie an Hausschuhen länger ist als die Batterie an Flaschen an der Bar – Orte, an denen sich Männer für gewöhnlich nicht länger als unbedingt nötig aufhalten wollen. Mein erstes Urlaubserlebnis in einem familienfreundlichen Hotel im Kleinwalsertal fiel ja säuglingsmäßig ganz gut aus. Unser diesjähriger Herbsturlaub im Rosenhof hatte ausgesprochen gute Hotel-Erfahrungen auf Lager. Nicht unbedingt was die Bar, aber was das Urlaubsleben in einer solchen Lokalität ganz grundsätzlich angeht. ,

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Mein Freund Stefan, Vater von Sophia und Niklas und Mann von Asli, hasst jetzt Familienhotels. Gott sei Dank haben wir unsere diesjährigen Herbsturlaube gleichzeitig absolviert, sonst hätte ich mir die Sache wohl wirklich noch mal überlegt. Die Erfahrungen könnten unterschiedlicher nicht sein. Grausame Erfahrungen hat er gemacht im Familienhotel auf Mallorca.

Der Frühstückssaal war eine Art Vorhölle. Eine solche Ansammlung von schlechtem Benehmen, Stil- und Zügellosigkeit auf engstem Raum habe ich noch nicht gesehen. Und Eltern, die resigniert und müde vor sich hinstarren, weil sie drei unter Siebenjährige haben und so fertig sind dass sie sich nicht mal mehr unterhalten können.

Bei uns waren eigentlich alle ganz fröhlich. Mir hat es gefallen, dem Bödefelder gefiel es und das Julchen war auch kreuzvergnügt. Wir trafen dort auf sehr nette Miturlauber (viele Stammkunden) und ein wunderbares Personal. Das Konzept Familienhotel kann ein 17 Monate altes Kleinkind zwar nicht voll ausschöpfen (Kinderbetreuung, Erlebniswanderungen, Lesestunden, abendliche Umzüge im Zwergen-Outfit, Fackel-Spaziergänge im Dunkeln) aber für begleitete Ausflüge ins Zwärg Bartli –Reich (der Typ wohnte ursprünglich in der Schweiz und ist seit längerem der gute Hausgeist vom Rosenhof) reichte es. Zudem konnte Herr von Bödefeld mit den anderen Kindern zu Tisch (einem richtigen Tisch in einem richtigen kultivierten Speisezimmerumfeld) sitzen und Pizza, Fischstäbchen und Gedöns zu sich nehmen. Das und das betreute Spielereich des Zwärg Bartli waren die Highlights seines Tages. (Dass sein Alter ihn kilometerlang auf dem Arm tragend über die Höhenpfade schleppte, weil Fahren nicht mehr angezeigt schien, gilt für ihn als Pflicht, nicht als Kür.)

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Zwärg Bartli auf einer Serviette

Da die Tage im Kleinwalsertal früh beginnen, ist es ratsam, auch rechtzeitig wieder im (Familien)hotel zu sein. Um 14.30 Uhr steht das Kuchenbuffet noch in voller Pracht. Danach haben wir dem Dicken den Schwimmreifen umgegurtet und das vor Freude quietschende Etwas im Pool bespaßt. Was die Lautstärke dort angeht, gab es immerhin Gemeinsamkeiten mit Malle.

Die Geräuschkulisse im Speisesaal ist aber auch so, dass gepflegte Konversation unmöglich ist. Und ein Koch der täglich Würstchen mit Pommes anfertigt kommt dadurch auch nicht in die Form seines Lebens. Die Kids haben ihr eigenes Buffet – das ist tiefergelegt, so wie ein Trog. Da fingern sie die Pommes direkt aus der Schüssel – ohne den lästigen Umweg über Teller. Und jetzt stell Dir vor: Du siehst am Nebentisch drei Kids mit Husten und Schnupfen, deren wöchentliche Handreinigung wahrscheinlich schon wieder vier Tage zurückliegt…

Geht es dem Kind gut, freut sich der Alte und irgendwie haben dann auch alle mehr Ruhe. Zudem ist die Sache aber auch von daher praktisch, dass das Hotel für die Wanderungen bremsbare, gefederte und geländegängige Babyjogger zur Verfügung stellt. Zudem bekommt man im Kleinwalsertal mit der Kurtaxe eine Walsercard, mit der zu bestimmten Saisonzeiten sowohl der Bustransfer durch das Tal (10 Minuten Takt) als auch sämtliche Bergbahnen inklusive sind. Mir gefällt das gut, weil man so autounabhängig seine Leute durch das Tal bugsieren und sich dann, von wo auch immer man Tal wieder raus kommt, wieder zurückfahren lassen kann.

Du verbringst übrigens Tage mit dem Warten auf den Aufzug. Weil natürlich alle mit ihren Buggies rumfahren und niemand die Treppe nehmen kann…

Was wir nicht gehofft, aber geahnt hatten, war der Wintereinbruch Mitte Oktober. Der goldene Herbst, der mir nicht nur altersmäßig bevorsteht, hielt nur einen Montag lang. Dann schneite es. Was gefühlt besser als Regen ist. Das Julchen hatte irgendeinen neuseeländischen Daunenfußsack eingepackt und der HvB schlief an frischer Luft seine Mittagsschläfchen, während wir ihn zu irgendwelchen Almen schoben. Urlaub in den Bergen halt…

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Was gut war:

  • Das Familien-Zimmer hatte ein Schlaf- und ein Wohnzimmer.
  • Das Zimmer lag direkt neben dem Pool
  • Das Zimmer hatte eine kleine Terrasse
  • Das Kuchenbuffet hatte manchmal einen hervorragenden Wurstsalat im Zusatzangebot
  • Die Kaffeemaschine hatte einen Touchscreen
  • Das Rührei (ich beurteile Hotel immer auch nach der Qualität des gebotenen Rühreis)

Was eher nicht sooo funky war:

  • Das Zimt-Apfel Omelett (gibt es eh nur mittwochs)
  • Die Ausstattung der Bar (immerhin gab es Brokers Gin, den kredenzt der Lempi auch immer)
  • Die Bar an sich (ein Drama an Auswahl und Quantität)
  • Der fehlende Loungebereich (ein wirkliches Manko)
  • Der milchzahnrelevante Sturz des HvB am letzten Abend (aber davon später mehr)

PapaDoc

Der Autor Thomas "PapaDoc" Guntermann ist gleichzeitig der Namensgeber unserer Kommunikationsagentur, in der wir eigentlich alle zusammenarbeiten. Er gehört zum Gründungsteam dieses Blogs, ist Stammautor und lebt mit seiner Frau und Sohn im beschaulichen Kölner Vorort Hürth (Buuuh).

3 Antworten

  1. Donngal sagt:

    Klingt traumhaft, aber beim Blick auf die Preise bleib ich lieber bei Ferienwohnungen. Soviel Geld für Urlaub habe ich dann leider nicht über.
    Aber auf Mallorca wird es auch nicht günstiger gewesen sein.

  2. Sven sagt:

    ja, sehr schön. Die Einteilung in gut/weniger gut ist bei mir: waren das Rührei und Espresso gut, dann passt es dort… Ich bin gespannt, wie es in unseren Herbstferien wird.

  1. 24. November 2015

    […] war der letzte Freitagabend im Familienhotel im Kleinwalsertal.  Wir waren mit dem quietschenden Bündel Lebensfreude im Pool gewesen, das […]

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